Awareness

Barrieren

Auch wenn wir daran arbeiten, können wir leider nicht alle Barrieren abbauen. Barrieren bestehen auf dem Camp zunächst durch den Ort. Die KiWi als Wiese mit Hanglage ist mit Rollstühlen, Rollatoren und anderen Gehhilfen insbesondere bei Regen möglicherweise nur teilweise begehbar. Wir haben keine barrierefreien oder ärmeren Toiletten. Zeltschnüre und ähnliches könnten eine Gefahr für Menschen mit Sehbehinderung darstellen. Abendveranstaltungen bürgen die Gefahr von Reizüberflutungen. Die meisten unserer Workshops finden auf deutsch statt. Unsere Website ist lediglich zu teilen auch auf englisch. Unsere KüFA kann auf Lebensmittelunverträglichkeiten nicht spontan und womöglich teilweise gar nicht reagieren.

Positionierung

(unterstrichene Begriffe sind im Anschluss erklärt)

Einige Dinge sind uns wichtig. Das Klimacamp soll ein Ort des Lernens und mit einer freundlichen Fehlerkultur sein. Du kannst gerne jederzeit Fragen stellen und dich über Themen informieren. Die Klimakrise hängt eng mit der Unterdrückung und Diskriminierung von Menschen zusammen. Deshalb möchten wir ein Ort für alle Menschen sein und alle Diskriminierungsformen reduzieren.

Das Klimacamp Kassel versteht sich als Klimagerechtigkeitscamp. Das bedeutet, dass wir uns gegen Kolonialismus und neokoloniale Strukturen, weiße Vorherrschaft, Kapitalismus und das Patriarchat positionieren. Denn nur wenn diese Strukturen abgebaut werden, ist ein gutes Leben für alle möglich.

Das Klimacamp betrachtet sich als antikapitalistisch. Insbesondere der kapitalistische Wachstumszwang und die Vermögensverteilung macht ein Aufhalten der Klimakrise unmöglich. Zudem geht Kapitalismus immer mit der Ausbeutung von Mensch und Natur einher. Außerdem misst Leistungszwang im Kapitalismus Menschen einen Wert zu. Dies führt zu Diskriminierung in Form von Ableismus oder Klassismus.

Kolonialismus dauert bis heute an. Koloniale Strukturen sind beispielsweise Minenprojekte und generell die Förderung von (fossilen) Rohstoffen im globalen Süden zugunsten des globalen Nordens. Auch sogenannte Naturschutzprojekte des globalen Nordens in Regionen des globalen Südens zeigen koloniale Strukturen, die bis heute bestehen. Von Beginn an, seit 500 Jahren gab es antikolonialen Schwarzen und Indigenen Widerstand. Ein Schuldenerlass für den globalen Süden muss der mindeste sofortige Schritt sein.

Das Patriarchat abzubauen bedeutet ein offenes Klimacamp für Sexarbeiter*innen und Transpersonen darzustellen. Dies bedeutet, dass SWERFs und TERFs ausgeschlossen werden, da ansonsten Sexarbeiter*innen und Transpersonen ausgeschlossen werden.

Das Klimacamp versteht sich als antirassistisch und gegen weiße Vorherrschaft. Rassistische Gesellschaftsstruktur ist in der Geflüchtetenpolitik und in dem Zugang zu Ressourcen sichtbar. Die „Festung Europa“ ist ein von der Europäischen Union geschaffenes und allen Mitgliedsstaaten getragenes menschenverachtendes und offen rassistisches System. Dies zeigt sich insbesondere in der Abschiebepraxis. Vor allem auch durch Klima als Fluchtursache ist dieses System nicht haltbar und ist es auch nie gewesen. Wir verurteilen insbesondere auch den anti Schwarzer Rassismus und antimuslimischen Rassismus, der sich hierbei oft besonders zeigt.

Die sogenannten Sicherheitsorgane weisen rassistische und autoritäre Strukturen auf, gegen die wenig, bis nichts unternommen wird. (Macht)strukturen weisen strukturelle Probleme auf, die sich letztlich in einer starken Repression progressiven Bewegungen gegenüber zeigen. Wir verurteilen die Repressionen, die linke Strukturen und rassifizierte und/oder arme Menschen durch diese Strukturen erfahren. Besonders Indigene oder Schwarze Kämpfe in MAPA Regionen sind von Repression viel stärker und dramatischer betroffen. Dies macht ihre Kämpfe und unsere Solidarität nur noch wichtiger.

Das Klimacamp bietet keinen Ort für Antisemitismus. Es ist kein Ort für Verschwörungstheorien. Wissenschaftsfeindlichkeit hat bei uns keinen Platz.

Einige Menschen erleben mehrere Diskriminierungsformen gleichzeitig – beispielsweise Rassismus; Transfeindlichkeit, Sexismus, Ableismus oder Klassismus. Diskriminierung kann in verschiedensten Situationen auftreten. Deshalb müssen Menschen, die von mehreren Diskriminierungsformen betroffen sind, in dieser Komplexität betrachtet werden.

Die Betrachtung des eigenen Konsums ist jedem selbst überlassen. Die Klimakrise ist aber nicht durch individuelles Handeln, sondern nur über strukturelle Veränderungen möglich. Konsumkritik ist Ablenkung von den strukturellen Problemen des Kapitalismus.

Wir versuchen soziale Ungleichheiten durch Diskriminierung und Privilegierung aufgrund von Geschlecht, Sexualität und Identität in unserem Aktivismus zu berücksichtigen. Wir reflektieren unsere Privilegien und die damit einhergehenden Handlungsspielräume kritisch. Aus diesem leiten wir die Verantwortung den Abbau bestehender Diskriminierungen innerhalb unserer Strukturen ab. Der systemische Ursprung dieser findet dabei Beachtung.

Awarenesskonzept

Während des Klimacamps wird es ein Awareness-Team geben, das Du jederzeit bei Problemen ansprechen kannst. Wir wollen mit dem Klimacamp einen diversen und inklusiven Ort erschaffen. Jeglicher Rassismus, Sexismus oder andere Formen von Diskriminierung werden nicht geduldet. Personen, die gegen diesen Verhaltenskodex verstoßen haben bei uns keinen Platz. Wir haben eine Positionierung verabschiedet, in der unsere Wertvorstellungen widergespiegelt werden. Wenn du im Rahmen des Camps Diskriminierung, Unterdrückung, physische und/oder psychische Gewalt erfährst, sind wir als Awareness-Team immer deine Ansprechpersonen.

Unsere Awareness basiert auf 3 Säulen: Konsens, Definitionsmacht, Parteilichkeit

  1. Konsens (Zustimmung): Individuelle Grenzen werden respektiert: Nein heißt immer Nein! Und noch wichtiger: Nur Ja heißt Ja!
  1. Definitionsmacht: Wo ein Übergriff beginnt, bestimmt immer die betroffene Person und sie hat das Recht zu entscheiden, wie es nach dem Vorfall weiter geht.
  1. Parteilichkeit: Die Wahrnehmung der betroffenen Person wird nicht in Frage gestellt, Solidarität steht an erster Stelle.

Wenn du Gewalt, Übergriffe und/oder Diskriminierung im Rahmen des Camps erlebst, gilt die Sichtweise von dir als betroffene Person. Das bedeutet: Du schilderst deine Erfahrung, wir hören zu und unser weiteres Vorgehen richtet sich nach deinen Wünschen und Bedürfnissen. Du als betroffene Person hast also die Definitionsmacht und wir sind und handeln dabei solidarisch parteilich mit Dir.

Jede Person hat bestimmte persönliche Grenzen und diese sind immer richtig. Durch verschiedene persönliche Erfahrungen und Hintergründe nehmen wir alle Unterschiedliches als Verletzung unserer persönlichen Grenzen wahr. Seid euch bewusst, dass andere Personen Grenzverletzungen und Diskriminierungen erleben können, auch wenn ihr diese nicht seht! 

Wir versuchen, das Camp möglichst barrierearm zu gestalten(siehe hier für die  Barrieren im Camp) . Auch möchten wir dich bitten, auf eine inklusive Sprache zu achten. Dazu gehört ggf. die Kommunikation in anderen Sprachen und ein bewusster Umgang mit Sprache (beispielsweise das Vermeiden oder Erklären von Fachbegriffen). Damit du Personen nicht mit falschen Pronomen ansprichst, kannst du sie direkt danach fragen oder auf Namens- und Pronomenschilder achten und somit das Nutzen falscher Pronomen zu verhindern. Koloniale Denkmuster haben deshalb auf dem Camp auch keinen Platz.

Wir wünschen uns, dass sich alle Menschen bei uns wohlfühlen, auch FLINTA*s, BIPOCs und neurodiverse Menschen. Deshalb versuchen wir mit unserem Awareness-Zelt (das blaue größere Zelt bei den Schlafzelten) einen sicheren Rückzugsort zu schaffen.

Das Klimacamp ist grundsätzlich eine drogenfreie Zone. Das gilt auch für Alkohol und Tabak, wir haben einen Raucher*innenbereich eingerichtet. Wir bitten Raucher*innen diesen in Situationen zu nutzen, in denen der eigene Konsum andere stören oder schädigen könnte. Wir bitten dich, Rücksicht auf deine Mitmenschen zu nehmen. Menschen werden auf dem Camp nicht auf Vorverdacht per se wegen einer Drogensucht ausgeschlossen. Hier gilt letztlich nur wie in anderen Situationen: Die Bedürfnisse und Grenzen anderer Menschen müssen gewahrt werden. Fremdgefährdung ist definitiv keine Option. Es ist nicht in Ordnung wenn sich andere Menschen wegen des Konsums einer anderen Person oder wegen dem Verhalten einer anderen Person wegen Konsums unwohl fühlen, egal, ob eine Suchtkrankheit vorliegt oder nicht.

Damit sich alle im Klimacamp wohl fühlen, wird das Awareness-Team alleine nicht ausreichen. Die Awareness aller Menschen im Camp ist gefragt. Das heißt konkret: Geht rücksichtsvoll und solidarisch miteinander um. und nehmt Rücksicht darauf und zeigt Verständnis dafür, dass jede*r von uns mit verschiedenen Voraussetzungen, und Problemen/Kapazitäten im Klimacamp ist und unterstützt Teilnehmer*innen, wenn es ihnen nicht gut geht.

Wir wünschen uns offenes und ehrliches Feedback, falls sich das Awareness-Team unabsichtlich unsensibel oder diskriminierend verhält und eure Grenzen überschreitet.

Das Awareness-Team besteht aus weiß-positionierten FLINTA-Personen (Frauen, Lesben, Inter-, Nichtbinäre-, Trans-, Agender-Personen) und cis-männlichen Personen (Cis-Personen sind jene, die sich mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, identifizieren). Wenn du Gewalt, Übergriffe und/oder Diskriminierung im Rahmen des Camps erlebst und darüber nicht mit einer cis-männlichen Person sprechen möchtest, verstehen wir das. Wir richten uns zu jeder Zeit nach deinen Bedürfnissen!

Wie erreichst du uns?

Im Camp erkennst du uns an neonfarbenen Westen mit dem Schriftzug „Awareness“. Du kannst uns  über das Awareness-Handy unter der Nummer (folgt) erreichen. Während des Camps wird immer eine Person für dich auf dem Handy erreichbar sein. Solltest du Schwierigkeiten haben, uns zu erreichen, kannst du auch jederzeit einen Orga-Menschen, erkennbar an Ordner*innenbinden, ansprechen.

Alles, was du uns kommunizierst, behandeln wir vertraulich und versuchen so schnell wie möglich zu reagieren.

Begriffserklärungen/ Glossar

Begriffserklärungen/Glossar:

Um komplexen Problematiken gerecht zu werden müssen wir zum Teil komplizierte Begriffe benutzen. Hier werden sie erläutert.

Patriarchat:

Das Patriarchat ist ein gesellschaftliches Konzept, das ein binäres Geschlechtersystem vorgibt. Soziale Ressourcen, Macht und Werte fallen darin endo cis männlichen Personen als Gruppe auf Kosten von Frauen, Lesben, inter*, Nicht-Binäre, trans* und Agender (FLINTA*) zu. Dieses System von Ermächtigungen wird unterstützt durch die Zuschreibung von Verhaltensweisen, wobei frauen-, queer- oder körperfeindliches Verhalten belohnt wird. Selbst Personen diskriminierter Gruppen können durch das Befürworten patriarchaler Werte durch übergeordnete Gruppen belohnt werden. Dabei sind Angst und Gewalt ein Mittel der Kontrolle. (Quelle: Gemeinsam gegen die Tierindustrie)

TERFs: Trans-Exclusionary Radical Feminism – ein Feminsimus der trans Personen ausschließt. Stattdessen stehen wir für ein Selbstbestimmungsgesetz und Anerkunng von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt.

SWERFs: Sex Work Exclu­sionary Radical Feminism – ein Feminsimus der Sexarbeiter*innen ausschließt . Stattdessen stehen wir für Dekriminalisierung und Entstigmatisierung von Sexarbeit.

MAPA = Most affected people and areas

Ist ein Konzept, welches die vom Klimawandel übermäßig betroffenen Regionen und Gruppen beschreibt. Die am meisten betroffenen Gebiete lassen sich am ehesten durch den Begriff globaler Süden zusammenfassen. Die am meisten vom Klimawandel betroffenen Menschen sind bestimmte Gruppen auf globaler Ebene unter anderem Frauen, ethnische Minderheiten, junge, ältere und arme Menschen.

Klassismus:

Klassismus beschreibt die Diskriminierung aufgrund von Klassenherkunft oder Klassenzugehörigkeit. Klassismus richtet sich gegen Menschen aus der Armuts- oder Arbeiter*innenklasse, z. B. einkommensarme, erwerbslose und wohnungslose Menschen, aber auch Arbeiter*innenkinder. Arme Menschen, so das Vorurteil, sind faul, kriminell, dumm und an ihrer Armut selbst schuld. Klassismus dient der Abwertung, Ausgrenzung und Ausbeutung von Menschen. Er hat Auswirkungen auf die Lebenserwartung und begrenzt den Zugang zu Wohnraum, Bildungsabschlüssen, Gesundheitsversorgung, Macht, Netzwerken, Teilhabe, Anerkennung und Geld. (Quelle: Francis Seeck)

Ableismus:

Ableismus ist ein am englischen Wort abelism angelehnter Begriff, der aus der US-amerikanischen Behindertenbewegung stammt. Er beschreibt die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, indem Menschen an bestimmten Fähigkeiten – laufen, sehen, sozial interagieren – gemessen und auf ihre Beeinträchtigung reduziert werden.

Ableismus betont die Ungleichbehandlung, Grenzüberschreitungen und stereotypen Zuweisungen die Menschen wegen ihrer Behinderung erfahren.  Es gibt eine normative Vorstellung davon, was Menschen leisten oder können müssen. Wer von dieser Norm abweicht, wird als behindert gekennzeichnet und als minderwertig wahrgenommen. (Quelle: Missy-Magazine)

weiße Vorherrschaft/white Supremacy

Die Überzeugung, dass es eine weiße Rasse gibt, welche anderen Rassen von Natur aus überlegen ist und dass Weiße die Kontrolle über Menschen anderer Rassen haben sollten . Außerdem wird damit der Komplex aus sozialen,wirtschaftlichen und politischen Systemen beschrieben, die es den Weißen kollektiv ermöglichen, die Macht über Menschen anderer Rassen zu behalten beschrieben. (Quelle: https://www.merriam-webster.com/dictionary/white%20supremacy)

BIPOC: Black Indigenious People of Colour

Die Abkürzung ist eine selbst gewählte Bezeichnung von verschiedensten Menschen, die sich als nicht-weiß definieren. In der Mehrheitsgesellschaft gilt weiß nach wie vor als Norm und nicht-weiß als Abweichung davon. Was BPoC miteinander verbindet, sind geteilte Rassismuserfahrungen, Ausgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft und kollektive Zuschreibungen des „Andersseins“. In weiß dominierten Gesellschaften sind nicht-weiße Menschen seit der Kolonialzeit von Rassismus und Diskriminierung betroffen – bis heute. (Quelle: Missy Magazine)